Arbeiten unter Palmen: Ist Österreich schon im Workation-Modus?
epunkt hat 188 Unternehmensvertreter:innen und Personalverantwortliche gefragt, ob sie sich eine "Workation" – eine spezielle Form des Remote Work – in österreichischen Betrieben vorstellen können. Und spannende Antworten zu diesem heiß diskutierten Thema erhalten, bei dem noch kaum jemand weiß, wie es rechtlich einzuordnen ist. Außerdem: epunkt zieht Bilanz zum eigenen Workation-Pilotversuch.
Inhalt
Mit dem Laptop am Strand: Zwischen Jour fixe und Kundentermin eine Runde surfen?
Es riecht nach Meer, die Möwen krächzen und ziehen am Himmel ihre Kreise, die Grillen zirpen unter den Zypressen und das Panorama könnte ein Motiv für die MS Teams-Hintergrundeffekte sein. Können Sie sich vorstellen, so zu arbeiten?
Nach Home-Office und 4-Tage-Woche lautet das nächste Level der Arbeitszeitflexibilisierung „Workation“ (Kofferwort bestehend aus Work und Vacation, quasi wie Home-Office, aber vom Urlaubsort aus). Die Mitarbeiter:innen müssen sich keinen Urlaub nehmen und arbeiten im Ausland unter Palmen. Ob alleine oder gemeinsam mit den Arbeitskolleg:innen: Was früher vor allem Freelancer genossen, ist inzwischen für Vollzeit-Angestellte eines der heißesten Themen im Bereich New Work. Warum, das zeigt das Ergebnis einer Studie des Karrierenetzwerks LinkedIn: Jede:r Vierte kündigt wegen fehlender Flexibilität im Job (sollte mal jemand Elon Musk ausrichten). Vor allem für die Gen Z und nachfolgende Generationen, die den Arbeitsmarkt prägen werden, ist eine strenge Büropflicht ein Ausschlusskriterium.
Nachdem epunkt im Juli und August den Versuch wagt und die 230 Mitarbeiter:innen von überall aus arbeiten können, waren wir neugierig: Urlaub vom Arbeitsplatz, nicht von der Arbeit – ist Ihr Unternehmen offen für den Trend zur Workation?
62 % der Unternehmensvertreter:innen können sich ein Workation-Modell in ihrem Betrieb vorstellen.

Pro-Argumente für die Workation
Was bringt so eine Workation? Überzeugte Remote Worker betonen neben dem Produktivitätsgewinn in der Arbeitsleistung vor allem die gesteigerte Kreativität durch die veränderte Umgebung. Aus der Routine ausbrechen, Berge, Wälder, Meer und entspannte Aktivitäten, die das körperliche und geistige Wohlbefinden steigern: denken wir an Maslow's Bedürfnispyramide, macht es durchaus Sinn, dass ausgeglichene Menschen motiviert und leistungsfähig sind und Projekte sowie kreative Impulse umsetzen möchten.

- 36 % der Teilnehmer:innen sehen die Möglichkeit, eine Workation in Anspruch zu nehmen, als Magnet für Fachkräfte und Maßnahme zur Mitarbeiter:innenbindung. Dieses Modell ist ein solches Novum am Arbeitsmarkt, dass es als Pro-Argument für qualifizierte Kandidat:innen entscheidend sein kann.
- 31 % gehen davon aus, dass die freie Arbeitsortwahl einen positiven Einfluss auf die mentale Gesundheit hat.
- Flexibilisierung als Produktivitäts-Booster: 27 % sind der Meinung, dass die Freiheit, zu arbeiten, wann und wo man möchte, für ein Plus an Kreativität und neuen Sichtweisen sorgt. Kleine und große Ablenkungen sowie routinierte Arbeitsabläufe, die Ideen und Konzepte bremsen, fallen weg.
Was für die Befragten außerdem für eine Workation spricht |
"Der Unternehmensstandort ist nicht mehr so entscheidend, da ich Zeit dort verbringen kann, wo es mir privat gefällt." |
"Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf." |
"Die Nähe zur Heimat bei Mitarbeiter:innen mit Migrationshintergrund." |
"Steigert die Loyalität zum Unternehmen, weil man das Gefühl hat, dass einem der Arbeitgeber vertraut." |
"Reduktion der Krankenstandstage." |
"Vereinbarung von Auslandserfahrung und dem Aufbau der Karriere." |
"Arbeitsmodelle und das Verhalten von Unternehmen müssen moderner werden." |
Was für die Befragten außerdem für eine Workation spricht | "Der Unternehmensstandort ist nicht mehr so entscheidend, da ich Zeit dort verbringen kann, wo es mir privat gefällt." |
Was für die Befragten außerdem für eine Workation spricht | "Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf." |
Was für die Befragten außerdem für eine Workation spricht | "Die Nähe zur Heimat bei Mitarbeiter:innen mit Migrationshintergrund." |
Was für die Befragten außerdem für eine Workation spricht | "Steigert die Loyalität zum Unternehmen, weil man das Gefühl hat, dass einem der Arbeitgeber vertraut." |
Was für die Befragten außerdem für eine Workation spricht | "Reduktion der Krankenstandstage." |
Was für die Befragten außerdem für eine Workation spricht | "Vereinbarung von Auslandserfahrung und dem Aufbau der Karriere." |
Was für die Befragten außerdem für eine Workation spricht | "Arbeitsmodelle und das Verhalten von Unternehmen müssen moderner werden." |



Contra-Argumente und Bedenken
38 % der Befragten waren nicht überzeugt von der Workation. Ein Viertel davon scheut organisatorische Hürden. Knapp mehr als ein Fünftel kann sich dieses Arbeitszeitmodell nicht für die eigene Branche vorstellen. 18 % befürchten, es könnte der Austausch im Team darunter leiden. 12 % geben an, durch die räumliche Distanz keine Kontrolle mehr über ihre Mitarbeiter:innen zu haben. Der Rest gab andere Argumente an. Bedenken kamen speziell in Bezug auf steuerrechtliche Fragen und die Ungleichbehandlung zwischen Mitarbeitenden im Büro und in der Produktion:
Was für die Befragten gegen eine Workation spricht |
"Geeignete Branche und Arbeitsplätze: in der Industrie/Produktion, wo es einerseits ortsgebundene Arbeitsplätze und andererseits flexiblere Bereiche gibt. In der Personaladministration oder Buchhaltung wäre es möglich, braucht aber eine gute interne Kommunikation, damit es zu keinem Neid kommt." |
"Chef genehmigt nicht mal Home-Office wegen zu wenig Vertrauen." |
"Der Bezug zum Unternehmen geht verloren. Arbeit wird beliebig." |
"Ich befürchte, dass es dann normal wird, im Urlaub zu arbeiten. Urlaub sollte Urlaub bleiben und damit arbeitsfrei." |
"Steuerrechtliche Fragen ungeklärt; kann zu Arbeitsstättengründung führen bei mehr als 180 Tagen im Jahr und das kann nicht gewollt sein." |
"Workation im Ausland vs. Klimaschutz: Mal eben zu fünft für ein paar Tage nach Malle fliegen, nur weil das Wetter bei uns gerade schlecht ist und die Flüge billig sind, hört sich zwar cool an, ist aber im Hinblick auf den ökologischen Fußabdruck in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels tatsächlich problematisch. Unter Umwelt- und Klimagesichtspunkten sollte man diesen Trend daher meines Erachtens kritisch hinterfragen." |
Was für die Befragten gegen eine Workation spricht | "Geeignete Branche und Arbeitsplätze: in der Industrie/Produktion, wo es einerseits ortsgebundene Arbeitsplätze und andererseits flexiblere Bereiche gibt. In der Personaladministration oder Buchhaltung wäre es möglich, braucht aber eine gute interne Kommunikation, damit es zu keinem Neid kommt." |
Was für die Befragten gegen eine Workation spricht | "Chef genehmigt nicht mal Home-Office wegen zu wenig Vertrauen." |
Was für die Befragten gegen eine Workation spricht | "Der Bezug zum Unternehmen geht verloren. Arbeit wird beliebig." |
Was für die Befragten gegen eine Workation spricht | "Ich befürchte, dass es dann normal wird, im Urlaub zu arbeiten. Urlaub sollte Urlaub bleiben und damit arbeitsfrei." |
Was für die Befragten gegen eine Workation spricht | "Steuerrechtliche Fragen ungeklärt; kann zu Arbeitsstättengründung führen bei mehr als 180 Tagen im Jahr und das kann nicht gewollt sein." |
Was für die Befragten gegen eine Workation spricht | "Workation im Ausland vs. Klimaschutz: Mal eben zu fünft für ein paar Tage nach Malle fliegen, nur weil das Wetter bei uns gerade schlecht ist und die Flüge billig sind, hört sich zwar cool an, ist aber im Hinblick auf den ökologischen Fußabdruck in Zeiten des fortschreitenden Klimawandels tatsächlich problematisch. Unter Umwelt- und Klimagesichtspunkten sollte man diesen Trend daher meines Erachtens kritisch hinterfragen." |
Ortsunabhängiges Arbeiten: Welche Rahmenbedingungen braucht dieses Modell?
30 % der Befragten nannten "Vertrauen" als wichtigste Komponente. Im Rahmen der Umsetzung sind klare Regelungen, ein strukturierter Prozess mit klaren Verantwortlichkeiten (Checkliste) sowie die Kommunikation im Unternehmen entscheidend.
O-Töne der Befragten zu den Rahmenbedingungen einer Workation |
"Zuverlässigkeit bei der Teilnahme an Teammeetings, damit der Austausch nicht darunter leidet." |
"Die 183-Tage-Regelung muss geklärt sein." |
"Klare Kommunikation intern & extern, fixe Meetings mit dem Team, transparente Zeiterfassung bzw. Projekt-Milestones. Vertrauenskodex." |
"Klare Definition von Workation. Regelungen hinsichtlich Dauer und Anzahl pro Jahr." |
"Eine rosarote Brille." |
"Vertrauensarbeitszeit; Management by Objectives oder Objectives and Key Results (OKR); Infrastruktur (Internet)." |
"Extern: eine klare rechtliche Regelung in allen Bereichen (steuerlich, arbeitsrechtlich, sozialversicherungsrechtlich). Intern: hohes Vertrauen und Akzeptanz, sehr verantwortungsbewusste Mitarbeiter:innen und Führungskräfte, eine moderne IT-Ausstattung (Hard- und Software), präzise Guidelines." |
"Klare Regelung zur Zusammenarbeit, Erreichbarkeit (Zeitverschiebung) und Kommunikation." |
"Eine strikte Trennung in Urlaub und Workation sollte bei aller Flexibilität angedacht werden - ich denke nicht, dass ein Abschalten und Erholung bei so einem Modell möglich ist, in Zeiten steigender psychischer Belastungen. Ein zweites heißes Thema in der heutigen Arbeitswelt. Schon eine bedenkliche Entwicklung." |
"Schriftliche Vereinbarungen, zeitliche Anwesenheiten für Kunden/Kollegen/Mitarbeiter, die mit Europäischer Zeit zusammenpassen, Gegenseitiges Vertrauen, Pilotprojekt für bestimmten Zeitraum." |
O-Töne der Befragten zu den Rahmenbedingungen einer Workation | "Zuverlässigkeit bei der Teilnahme an Teammeetings, damit der Austausch nicht darunter leidet." |
O-Töne der Befragten zu den Rahmenbedingungen einer Workation | "Die 183-Tage-Regelung muss geklärt sein." |
O-Töne der Befragten zu den Rahmenbedingungen einer Workation | "Klare Kommunikation intern & extern, fixe Meetings mit dem Team, transparente Zeiterfassung bzw. Projekt-Milestones. Vertrauenskodex." |
O-Töne der Befragten zu den Rahmenbedingungen einer Workation | "Klare Definition von Workation. Regelungen hinsichtlich Dauer und Anzahl pro Jahr." |
O-Töne der Befragten zu den Rahmenbedingungen einer Workation | "Eine rosarote Brille." |
O-Töne der Befragten zu den Rahmenbedingungen einer Workation | "Vertrauensarbeitszeit; Management by Objectives oder Objectives and Key Results (OKR); Infrastruktur (Internet)." |
O-Töne der Befragten zu den Rahmenbedingungen einer Workation | "Extern: eine klare rechtliche Regelung in allen Bereichen (steuerlich, arbeitsrechtlich, sozialversicherungsrechtlich). Intern: hohes Vertrauen und Akzeptanz, sehr verantwortungsbewusste Mitarbeiter:innen und Führungskräfte, eine moderne IT-Ausstattung (Hard- und Software), präzise Guidelines." |
O-Töne der Befragten zu den Rahmenbedingungen einer Workation | "Klare Regelung zur Zusammenarbeit, Erreichbarkeit (Zeitverschiebung) und Kommunikation." |
O-Töne der Befragten zu den Rahmenbedingungen einer Workation | "Eine strikte Trennung in Urlaub und Workation sollte bei aller Flexibilität angedacht werden - ich denke nicht, dass ein Abschalten und Erholung bei so einem Modell möglich ist, in Zeiten steigender psychischer Belastungen. Ein zweites heißes Thema in der heutigen Arbeitswelt. Schon eine bedenkliche Entwicklung." |
O-Töne der Befragten zu den Rahmenbedingungen einer Workation | "Schriftliche Vereinbarungen, zeitliche Anwesenheiten für Kunden/Kollegen/Mitarbeiter, die mit Europäischer Zeit zusammenpassen, Gegenseitiges Vertrauen, Pilotprojekt für bestimmten Zeitraum." |
Workation als rechtliche Grauzone?
Wie der Standard berichtet, wird die Workation auch bei österreichischen Unternehmen zunehmend beliebter. Die IT-Infrastruktur ist vorhanden, die Führungskräfte trauen der Leistungsfähigkeit ihrer Teams im Home-Office, die Mitarbeiter:innen haben die Koffer und WLAN-Verstärker schon gepackt. Und trotzdem ist alles noch eine Spur komplexer als gedacht. Denn Auslandseinsätze müssen vor der Umsetzung rechtlich geprüft werden. Möchte man seinen Mitarbeiter:innen z. B. über die Sommermonate Remote Work im Ausland ermöglichen, berührt man dabei gleich mehrere verschiedene Rechtsgebiete. Von der Arbeiterkammer haben wir zwar kein offizielles Statement für diesen Beitrag erhalten, wohl aber die Empfehlung, sich als Unternehmen bei der WKO und als Arbeitnehmer:in bei der AK beraten zu lassen. Es gilt u. a. folgende Details abzuklären:
- Arbeitsrecht: Die spezifischen Regeln und Vorschriften des jeweiligen Landes, z. B. Gehaltsanforderungen, Sicherheitsfragen, Zulagen, Arbeitszeit und Entsendevorschriften.
- Einreisebestimmungen: Arbeitnehmer:innen können sich ohne Arbeitserlaubnis zivil- oder auch strafrechtlich haftbar machen.
- Betriebsstätte: Die Option, per Laptop überall auf der Welt zu arbeiten, erhöht für Unternehmen das Risiko der unbeabsichtigten Begründung einer Betriebsstätte im Ausland. Auf Arbeitgeberseite könnte eine Lohnsteuereinbehaltungsverpflichtung entstehen, eine Gehaltsabrechnung im anderen Land wird fällig. Um dies zu vermeiden, sollten Arbeitnehmer:innen nicht dauerhaft im Ausland arbeiten. Zwar gibt es hierzu Regelungen in Doppelbesteuerungsabkommen, nationale Gesetze sowie Grundsätze der OECD. Ob diese aber auch auf Home-Office-Situationen uneingeschränkt anwendbar sind, ist von Land zu Land unterschiedlich.
- Einkommensteuer/Lohnsteuer: Arbeitnehmer:innen können Einkommensteuerverpflichtungen auslösen, wenn sie in einem anderen Land arbeiten. In bestimmten Fällen kann es auch zu Lohnsteuerverpflichtungen des Arbeitgebers kommen.
- Sozialversicherung: Bei Workation innerhalb der EU bleiben Arbeitnehmer:innen im österreichischen Sozialversicherungssystem, wenn sie in Österreich gewöhnlich mind. 25 % ihrer Gesamttätigkeit verrichten (Tipp: A1-Bescheinigung anfordern). Außerhalb der EU ist dies abhängig von den jeweiligen bilateralen Abkommen der Staaten untereinander.
Die komplette Liste ist noch länger. Datenschutzbestimmungen sind zu beachten. Auch über dem Umgang IT-Problemen und unterschiedlichen Zeitzonen müssen sich Arbeitgeber:innen Gedanken machen und genaue Vereinbarungen mit ihren Mitarbeiter:innen treffen.
*Die Inhalte dieses Beitrags wurden mit größter Sorgfalt erstellt. Dennoch kann keine Garantie für Vollständigkeit übernommen werden. Bei Fragen kontaktieren Sie Ihre Rechtsberatung.
CEO Daniel Marwan: „Mit guter Vorbereitung hält sich der Aufwand in Grenzen“
60 % unserer Mitarbeiter:innen haben in einer Umfrage gesagt, dass sie die Workation nicht unbedingt selbst nutzen wollen, die Möglichkeit aber großartig finden. 40 % möchten eine Workation irgendwann in Anspruch nehmen, 35 Mitarbeiter:innen haben das 2022 bereits getan. Die häufigsten Formen der Workation waren bei uns: Arbeiten bei Verwandten im Ausland, Verlängerung vom Verbleiben am Urlaubsort im In- und Ausland oder auch 1-2 Wochen Ortswechsel innerhalb der EU, um einen anderen Ort nach der Arbeit zu genießen. Von einem rechtlichen Standpunkt gibt es bei der Workation Grauzonen, aber mobiles Arbeiten für einige ausgewählte Wochen im Jahr, die für das gesamte Unternehmen festgelegt sind, werden wir auch in Zukunft ermöglichen. Wichtig ist die Vorbereitung im Unternehmen und das Mindset der Führungskräfte. Mit guter Vorbereitung und einigen klaren Regelungen hält sich der Verwaltungsaufwand in Grenzen.
Workation Checklist: Was Sie als Arbeitgeber:in beachten müssen
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