Eva Helfrich
Eva Helfrich
 schrieb am 6. September 2023

Autismus, ADHS, Legasthenie: Neurodiverse Super(fach)kräfte am Arbeitsplatz

Über eine Million Menschen in Österreich ist neurodivergent. Warum Menschen mit ADHS, Autismus oder Legasthenie den Arbeitsmarkt nachhaltig transformieren könnten, hat uns Anna Marton, CEO von Specialisterne erzählt.

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Neurodiversität

„246“ – Ein einziger kurzer Blick reichte Dustin Hoffman in „Rain Man“, um die Anzahl an Zahnstochern zu erfassen, die aus der Packung gepurzelt waren. Weltweit gibt es nur etwa 100 „Savants“ (nach dem französischen Wort für „Wissende:r“) wie Kim Peek (der echte Rain Man), Temple Grandin oder Stephen Wiltshire; etwa die Hälfte von ihnen ist autistisch veranlagt.

Unsere Gehirne: so einzigartig wie unser Fingerabdruck

Während Forscher feststellten, dass Hirn nicht gleich Hirn ist und für den Aufbau unserer „Schaltzentrale“ eine Kombination aus Genetik und individuellen Lebenserfahrungen den Ausschlag gibt, ist eine neurodiverse Entwicklung hingegen alles andere als selten: 15 % der Bevölkerung gelten als nicht neurotypisch. Man spricht von einem Spektrum verschiedener Ausprägungen, zu deren bekannteren Formen Autismus, die Aufmerksamkeitsdefizits- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS), Legasthenie sowie Hochintelligenz zählen. Neurodiversität kann unterschiedliche Bereiche der Persönlichkeit betreffen: Lernen, Denkweise, Motorik, Struktur, Interaktion, Sprache oder Wahrnehmung. Für das Umfeld ist das häufig an Verhaltensweisen und Eigenschaften erkennbar.

Mit den Diagnosen gehen besondere Bedürfnisse einher, aber auch einzigartige Fähigkeiten und Talente. Sich mit Neurodiversität auseinanderzusetzen, zahlt sich doppelt und dreifach aus – denn neben einem tieferen Verständnis für die Vielfalt unserer Gesellschaft kann die Inklusion von nicht neurotypischen Menschen großartige Vorteile für Unternehmen bieten.

Tesla, Pop Art, Relativitätstheorie: Neurodiversität als Superkraft?

Bei Neurodivergenten werden die aus der Umwelt eintreffenden Reize im Gehirn anders verarbeitet als bei neurotypischen Personen. Ohne diese neurologischen Ausprägungen gäbe es keine Relativitätstheorie, keine Zauberflöte, keine Warhol'sche Pop Art, keine Teslas und kein Jurrasic Park“. Die Welt wäre ein langweiligerer Ort und wir könnten uns vieles womöglich bis heute nicht erklären.

„Wir sprechen im neurodivergenten Spektrum von 'Spiky Profiles'“, erklärt Anna Marton, CEO von Specialisterne. Die Organisation hat es sich zur Aufgabe gemacht, Menschen aus dem neurodivergenten Spektrum Jobs zu vermitteln. „Es gibt besonders hohe Ausschläge in bestimmten Bereichen und in anderen entsprechend weniger. Das heißt, die Intelligenz ist gleich verteilt wie bei anderen Menschen, aber in verschiedenen Bereichen ist sie unterschiedlich hoch. Das kann heißen: extrem gute Mustererkennung, gutes Multitasking, hohe Risikobereitschaft, extrem gut in dreidimensionalem Denken, aber schlecht in Rechtschreibung. Niemand ist in allem gut. Für's Recruiting heißt das: Entweder finde ich Menschen, die durchschnittlich gut bei vielen Aufgaben sind, oder ich finde Koryphäen, die besonders gut in einer Sache sind.“

Inklusive Arbeitskultur: Vielfalt ist eine gute Geschäftsentscheidung

Studien zeigen, dass neurodiverse Teams innovativer sein können. Ein Bericht der Harvard Business Review hebt hervor, dass diese Teams einzigartige Fähigkeiten besitzen, um Probleme aus verschiedenen Perspektiven zu betrachten und kreative Lösungen zu finden, die weit über konventionelle Denkmuster hinausgehen. Immer mehr namhafte Unternehmen reformieren ihre HR-Prozesse, um neurodiverse Talente anzuziehen. Darunter sind SAP, Microsoft, Ford, Magenta, Deloitte, IBM, KPMG, dm oder die ÖBB. Viele werden von Specialisterne begleitet.

Neurodiversität kann für die Menschheit genauso wichtig sein wie die biologische Vielfalt für das Leben im Allgemeinen. Wer kann schon sagen, welche Art der Verkabelung zu einem bestimmten Zeitpunkt die beste ist?

Harvey Blume, Journalist
Neurodivergentes SpektrumSchätzung zufolge sind 1,4 Millionen Menschen in Österreich neurodivergent.
Autismus: 90.000 Personen in ÖsterreichVon Autismus-Spektrum-Störungen spricht man, wenn eine gewisse Kombination aus Symptomen vorliegt. Dazu zählt z. B. Reizüberflutung, eine Beeinträchtigung der Kommunikation oder sozialen Interaktion. Häufig sind besonders intensive Interessen und Stärken wie Mustererkennung, Detailgenauigkeit & Konzentrationsfähigkeit vorhanden. Von den arbeitsfähigen Personen dieser Gruppe sind ca. 80 % unfreiwillig arbeitslos.
AD(H)S: 360.000 Personen in ÖsterreichViele erhalten erst im Erwachsenenalter die Diagnose, obwohl sie es seit Kindertagen haben (Frauen werden seltener diagnostiziert). Menschen mit ADHS sind begeisterungsfähig, kreativ, können gut assoziieren & geraten bei Themen, die sie interessieren, in einen starken Flow-Zustand. Sie verfügen über eine rasche Auffassungsgabe, sind multitaskingfähig und Teamplayer. Zeitmanagement und lange Konzentrationsphasen können herausfordernd sein, ebenso wie Impulskontrolle.
Legasthenie: 360.000 Personen in ÖsterreichLegastheniker:innen haben eine Links-Rechts-, Rechtschreib- oder Leseschwäche, dafür oft ein bildhaftes, intuitives und vielschichtiges Denken & die erstaunliche Fähigkeit, sich Dinge dreidimensional vorzustellen.
Dyskalkulie: 450.000 Personen in ÖsterreichMenschen mit Dyskalkulie haben oft Schwierigkeiten im Zahlen- und Mengenverständnis, im Zählen und Rechnen. Auf der anderen Seite ist es einigen Personen durchaus möglich, hochkomplexe Rechnungen mithilfe von Formeln zu lösen. Strategisches Denken und eine gute Problemlösungskompetenz sind häufige Stärken von Personen mit Dyskalkulie.
Autismus: 90.000 Personen in ÖsterreichSchätzung zufolge sind 1,4 Millionen Menschen in Österreich neurodivergent.Von Autismus-Spektrum-Störungen spricht man, wenn eine gewisse Kombination aus Symptomen vorliegt. Dazu zählt z. B. Reizüberflutung, eine Beeinträchtigung der Kommunikation oder sozialen Interaktion. Häufig sind besonders intensive Interessen und Stärken wie Mustererkennung, Detailgenauigkeit & Konzentrationsfähigkeit vorhanden. Von den arbeitsfähigen Personen dieser Gruppe sind ca. 80 % unfreiwillig arbeitslos.
AD(H)S: 360.000 Personen in ÖsterreichSchätzung zufolge sind 1,4 Millionen Menschen in Österreich neurodivergent.Viele erhalten erst im Erwachsenenalter die Diagnose, obwohl sie es seit Kindertagen haben (Frauen werden seltener diagnostiziert). Menschen mit ADHS sind begeisterungsfähig, kreativ, können gut assoziieren & geraten bei Themen, die sie interessieren, in einen starken Flow-Zustand. Sie verfügen über eine rasche Auffassungsgabe, sind multitaskingfähig und Teamplayer. Zeitmanagement und lange Konzentrationsphasen können herausfordernd sein, ebenso wie Impulskontrolle.
Legasthenie: 360.000 Personen in ÖsterreichSchätzung zufolge sind 1,4 Millionen Menschen in Österreich neurodivergent.Legastheniker:innen haben eine Links-Rechts-, Rechtschreib- oder Leseschwäche, dafür oft ein bildhaftes, intuitives und vielschichtiges Denken & die erstaunliche Fähigkeit, sich Dinge dreidimensional vorzustellen.
Dyskalkulie: 450.000 Personen in ÖsterreichSchätzung zufolge sind 1,4 Millionen Menschen in Österreich neurodivergent.Menschen mit Dyskalkulie haben oft Schwierigkeiten im Zahlen- und Mengenverständnis, im Zählen und Rechnen. Auf der anderen Seite ist es einigen Personen durchaus möglich, hochkomplexe Rechnungen mithilfe von Formeln zu lösen. Strategisches Denken und eine gute Problemlösungskompetenz sind häufige Stärken von Personen mit Dyskalkulie.

Autismus: Kein Systemfehler, sondern ein anderes Betriebssystem

Autismus ist wahrscheinlich die bekannteste Neurodivergenz. Darunter fällt auch das Asperger-Syndrom, eine milde Form, bei der oft keine Entwicklungsverzögerung vorhanden ist. Viele Autist:innen umschreiben ihre empfundene Andersartigkeit metaphorisch als „Wrong Planet Syndrome“: das Gefühl, sich in sozialen Situationen häufig unverstanden oder fehl am Platz zu fühlen – als würde man auf einem falschen Planeten leben, wo soziale Normen und Erwartungen nicht den eigenen natürlichen Verhaltensweisen entsprechen.

Aufgrund der Vermeidung von Blickkontakt (Forscher:innen vermuten eine Überempfindlichkeit für sozio-affektive Stimuli) werden Autist:innen zu Unrecht als abweisend oder desinteressiert wahrgenommen. Die angebliche Gefühlskälte autistischer Menschen sei ein Mythos, wie eine Autismusspezialistin der Uni Wien im Interview mit dem Standard betont. Der moralische Kompass sei nicht anders, oftmals sogar stärker ausgeprägt als üblich.

„Distanz ist eines der größten Geschenke für Menschen im Autismusspektrum“, weiß Anna Marton. Für's Recruiting kann das bedeuten, auf das Händeschütteln oder auf Blickkontakt zu verzichten. Denn ein angebotenes Händeschütteln zur Begrüßung abzulehnen, gilt als unhöflich und ist gesellschaftlich betrachtet ein Problem. „Je nachdem, wie stark der Autismus ausgeprägt ist und wie stark körperliche Berührungen triggern, hat die Person womöglich eine Stunde damit zu tun, das wegzuatmen. Wie zwingen wir Blickkontakt auf? – Wir sprechen mit jemandem, der schaut uns nicht an und wir hören langsam auf zu sprechen, bis er uns wieder anschaut. Das macht man nicht bewusst, und wenn eine Person im neurodivergenten Spektrum sagen könnte ‚Ich kann mich besser konzentrieren, wenn ich wegschaue‘, ohne gleich zu sagen, ‚Ich bin Autist:in‘, wäre die Sache vom Tisch.“

Welche Berufe passen besonders gut zu Autist:innen?

Autist:innen bringen neben logischem Denkvermögen, Ehrlichkeit, Sachlichkeit, intrinsischer Motivation und einem Auge für Details oft eine enorme Stärke für repetitive Aufgaben mit, bei denen Genauigkeit gefordert ist und Muster erkannt werden – kein Wunder, dass auffällig viele Autist:innen als IT-Spezialist:innen, in der Qualitätskontrolle oder in technischen Berufen tätig sind. (Motto: Ich suche keine Fehler, ich finde sie!)

Welche Herausforderungen können am Arbeitsplatz auftreten?

Um Unternehmen genauere Eindrücke zu vermitteln, zeichnet die Befragung Mit Autismus im Job ein Bild der Herausforderungen und Erfolgsfaktoren der Integration ins Unternehmen. Dabei sehen Autist:innen vor allem diese Herausforderungen:

  • Sozialkontakt, z. B. Smalltalk & Pausen (72 %)
  • Umweltreize wie Geräusche und Gerüche (68 %)
  • Flexibilität (63 %)
  • Schwierigkeiten mit Multitasking (62 %)
  • Einschränkung bei Teilnahme an Firmenfeiern & Ausflügen (53 %)
  • Teamarbeit mit Kolleg:innen (51 %)
  • Priorisierung von Aufgaben (46 %)

Mit welchen Maßnahmen man Autist:innen den Arbeitsalltag erleichtern kann, lesen Sie in unserem kostenlosen eBook.

Wer mehr darüber erfahren möchte, wie es ist, als Autist zu arbeiten und zu leben, lauscht am besten Johannes Klietmann, Berater & Vortragender bei Specialisterne, im Podcast:

ADHS: Stress erwünscht – aber am besten mit Gleitzeit

In der Schule noch Zappelphilipp, Störenfrieda, Plaudertasche mit Kirmes im Kopf; im Job dann Ideenspringbrunnen, agiler Troubleshooter, begeisterungsfähige Multitaskerin: ADHS kennt man vor allem bei Kindern. Bei Erwachsenen erfolgt die Diagnose oft spät. Bei Menschen mit ADHS sind Dopamin und Noradrenalin weniger vorhanden und werden schneller verstoffwechselt als bei neurotypischen Personen. „Ein ADHS-Gehirn ist sozusagen von Grund auf neugierig und findet Neues spannend“, so Anna Marton. „Menschen mit ADHS haben eine hohe Risikobereitschaft, lernen schnell, korrigieren auf der Strecke. Teams, in denen Menschen mit ADHS und Autismus zusammenarbeiten, funktionieren herausragend, weil man sich so gut ergänzt.“

Erwachsene mit ADHS sind häufig in ihrer Organisation gefordert: Zeitmanagement, Termine einhalten, sich über längere Zeit auf Aufgaben konzentrieren. Es sei denn, sie bleiben an Themen hängen, die sie faszinieren. Dann geraten sie in einen besonderen Flow-Zustand – auch Hyperfokus genannt. Bei Dingen, die innerlich „zünden“ werden Höchstleistungen erbracht, während Agenden, die kein Interesse wecken, oft nur unter erheblichen Schwierigkeiten erledigt werden.

Schnelle Gedankengänge, kreative Lösungen

Eine Meta-Studie aus 2020 bringt ADHS mit einer gesteigerten Kreativität in Verbindung. So schneiden Menschen mit ADHS-Symptomen besser bei Aufgaben ab, in denen divergentes Denken (Um-die-Ecke-Denken) gefordert ist. Abschlüsse in kreativen Fächern sowie Berufstitel in kreativen Jobs seien auffallend häufig zu verzeichnen. Eine mögliche Erklärung dafür könnte die Reizfilterschwäche sein, erklärt der Spezialist Martin Ohlmeier der Süddeutschen Zeitung. Da Reize weniger gefiltert werden, sei auch mehr Material da, mit dem gearbeitet werden kann. Neben der Eigenschaft, schnell Querverbindungen herstellen zu können, sei auch die erhöhte Neugier (Novelty Seeking) wie ein innerer Motor zu verstehen.

Welche Jobs passen besonders gut zu Menschen mit AD(H)S?

Berufe, in denen rasch und unter Stress gehandelt werden muss, sind besonders gut geeignet, sagen Experten. Aufgrund der schnellen Auffassungsgabe, einem klaren Kopf in Notsituationen und dem guten Überblick seien sie oft auch als Notfallmediziner:innen, in der Produktentwicklung oder im Marketing tätig. „Investigativ-Journalismus zum Beispiel“, erzählt Anna Marton in einem Interview mit dem Kurier. Es gehe darum, sich in ein Thema zu vertiefen, alles bis ins kleinste Detail zu recherchieren und den roten Faden finden zu wollen. Personen mit ADHS bräuchten allerdings immer Feedbackschleifen und Deadlines. Die Fähigkeiten von Personen mit ADHS sind in der Software- und IT-Entwicklung ebenso gefragt wie in Bereichen der Wissensvermittlung.

Neurodiversität im Stelleninserat & Bewerbungsgespräch

Diversity Management: Von Unterschieden profitieren

„Für Personalverantwortliche ist es sinnvoll, sich mit dem Spektrum auseinanderzusetzen“, sagt Anna Marton. Bewerbungsprozesse und Arbeitsumgebungen sind auf Menschen mit neurotypischen Eigenschaften ausgelegt. Wer alle Kandidat:innen im Talent Pool erreichen will, kann Vorstellungsgespräche anpassen, um eine lockerere Art des Kennenlernens zu ermöglichen, bei der die Personen ihre Fähigkeiten praktisch unter Beweis stellen können, z. B. bei einem Probearbeitstag. Beim Jobinterview helfen systemische Fragen, das Potenzial des Gegenübers einzuschätzen (keine indirekten Fragen!). Ein Gespräch auf Sachebene ist für Autist:innen oftmals deutlich einfacher. Vorab-Informationen per Mail zu teilnehmenden Personen und auf sie zukommenden Fragen und/oder Aufgaben können viel Stress vermeiden; genauso wie der Verzicht auf Smalltalk und sehr präzise Fragestellungen. Dies führt auch zu aussagekräftigeren Stärkenprofilen im Recruitingprozess.

Anna Marton schlägt vor, Autist:innen konkret zu fragen: Wie möchten Sie begrüßt werden? Mit Händeschütteln, einem einfachen Hallo oder der Hand am Herzen? „Autist:innen möchten Fragen richtig beantworten. Daher sollte man diese nicht zu breit fassen. Wenn das Gespräch stockt, frage in Bewerbungsgesprächen beispielsweise ‚Denkst du jetzt sehr genau über die Antwort nach oder war die Frage zu groß gestellt?' Ich darf ja auch nicht zu schnell interpretieren, was los ist, um keinen Druck zu machen.“ Ideal sind Einstiegsfragen wie: „Was macht Ihnen am meisten Spaß in diesem Job?“, oder „Warum arbeiten Sie gerne mit diesem oder jenem Programm?“ Auch Fragen nach Beispielen sind hilfreich („Wie haben Sie Aufgabe X in Ihrem vorherigen Job gelöst?“).

Was gehört in ein Stelleninserat für neurodiverse Talente?

Anna Marton rät:

  • Präzise Angabe der Tätigkeiten, die zum Job gehören
  • Wie häufig diese Tätigkeiten jeweils stattfinden: täglich/wöchentlich/monatlich?
  • Gewichtung der Aufgabe. Beispiel: „Englisch von Vorteil“ vs. „30 Prozent unserer Kundentermine finden auf Englisch statt“. Daraus ergibt sich bei den Bewerber:innen ein Job Modeling
  • Benötigte Qualifikationen
  • Fähigkeiten, die von Vorteil sind
  • Welche Arbeitsumgebung das Unternehmen anbietet (Flexible Arbeitszeiten, reizreduzierte Arbeitsumgebung, Buddy-Programm, Home-Office, kleines Team, sinnerfüllte Rolle, ...)

Wie schaffen wir inklusive Arbeitsbedingungen für neurodiverse Mitarbeiter:innen?

In den USA hat das US Job Accommodation Network erhoben, dass 59 % der häufigsten Anpassungen am Arbeitsplatz für Unternehmen keine zusätzlichen Kosten bedeuten. Bei Specialisterne in Wien sind 84 % der Mitarbeiter:innen mit Diagnose. CEO Anna Marton hat uns verraten, mit welchen Maßnahmen es ihr gelungen ist, eine inklusive Arbeitsumgebung zu schaffen, in der sich Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen wohlfühlen:

  • Großraumbüro mit mobilen Trennwänden
  • Dimmbares Licht für Arbeitsplätze
  • Geräuschreduzierende Kopfhörer helfen bei der Konzentration
  • In größeren Meetingräumen gibt es „Zappelphilipp-Plätze“ für Menschen mit Bewegungsdrang, die zwischendurch aufstehen müssen
  • Personen mit Autismus sitzen selten gern mit dem Blick in Richtung Fenster, weil sie oft lichtempfindlich sind
  • Wenn die Lichtsituation nicht anzupassen ist, kann indoor Sonnenbrille getragen werden
  • Strukturierte Termineinladungen mit klarer Agenda & Infos über vorzubereitende Unterlagen bis zu einer gewissen Deadline: Das macht die Sache sehr neurodivergent-gerecht, für Autist:innen wie für Personen mit ADHS, aber auch klar für alle, die das nicht betrifft. Wir geben den Agendapunkten Zeitfenster und geplante Pausen
  • After Work-Termine ähnlich vorbereiten: Was ist das Ziel? Was ist das Thema? Was zieht man an?
  • 1x im Quartal gibt's eine Retrospektive im Team: Was hat gut funktioniert, was ist ungeklärt/noch unbewertet, was wünschen wir uns besser?
Anna Marton

Anna Marton, CEO Specialisterne:

Im neurodivergenten Bereich liegen 15-20 % der Menschen und indirekt betrachtet sind es noch viel mehr, wenn man Angehörige miteinbezieht, die Kaufentscheidungen treffen. Wenn man als Unternehmen darauf Rücksicht nimmt, kann man sehr viel gewinnen an potenziellen neuen Talenten, Loyalität, Fluktuationsabbau. Nur die, die in der Lage sind, den gesamten Arbeitnehmermarkt zu erreichen, werden Produkte, Dienstleistungen und Angebote entwickeln, die den Unterschied machen.

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