Frauen in Führungspositionen – wie groß ist der Gender Gap wirklich?
Quotenregelung hin oder her – Frauen in Führungsrollen sind nach wie vor in der Minderheit. Spitzenpositionen sind in vielen Branchen überwiegend Männersache. Laut BCG Gender Diversity Index Austria 2020 belegt Österreich von allen 27 EU-Staaten den vorletzten Platz beim Frauenanteil im Vorstand 😱. Auch unsere Umfrageergebnisse bestätigen die geringe Quote.
Inhalt
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Status Quo – Die Ergebnisse des Gender Diversity Index im Überblick
In österreichischen Unternehmen nimmt die Anzahl von Frauen in Führungspositionen nur langsam zu. Der BCG Gender Diversity Index Austria 2020 kommt zu dem Ergebnis, dass Geschlechterdiversität nach wie vor stark vernachlässigt wird. Konkret bedeutet das:
- In Österreichs Top-50-Unternehmen beträgt der Anteil der weiblichen Vorstände 8,9 %.
- Der Anteil der weiblichen Aufsichtsräte beträgt durchschnittlich 26 % und liegt damit sogar unterhalb der gesetzlichen Quote von 30 %.
- Unter den EU-27-Staaten belegt Österreich beim Frauenanteil im Vorstand mit Platz 26 den vorletzten Rang.
- Unter den 75 bestverdienenden Vorständen der 50 analysierten Unternehmen befindet sich nur eine Frau.
- Selbst wenn Frauen an der Firmenspitze Verantwortung übernehmen, dann nur selten in den gut dotierten Positionen, wie im Vorstands- und Aufsichtsratvorsitz.
Auch unsere Umfrage unter 107 Führungskräften und HR-Spezialist:innen zeigt, dass noch Luft nach oben ist. In 70 von 107 Unternehmen liegt der Frauenanteil in der Führungsebene bei unter einem Drittel. In 31 Unternehmen sogar unter 10 %.
The largest untapped pool of talent in business: women
Mahdis Gharaei, Co-CEO von „the female factor“, sieht in der Kandidat:innengruppe „Frauen“ den größten ungenutzten Talent Pool. In ihrem inspirierenden TEDx Talk verrät sie, wie es trotz vermeintlicher Hinderungsgründe gelingt, diverse Leadership Teams aufzubauen.
7 mögliche Gründe, warum es nicht mehr Chefinnen gibt
1. Vereinbarkeit Familie & Beruf ist oft nicht gegeben
Durch eine Schwangerschaft unterbrechen Frauen ihre Erwerbstätigkeit für eine gewisse Zeit. Die Kinderbetreuung übernehmen nach wie vor hauptsächlich Frauen, wodurch die „Pause“ oft über ein Jahr hinausgeht. Der Wiedereinstieg ins Berufsleben erfolgt häufig über eine Teilzeitposition, um Vereinbarkeitsprobleme, die beispielsweise durch eine fehlende Ganztagsbetreuung gegeben sind, abzufedern.
2. Anforderungen orientieren sich an „männlichen“ Gesetzen
Führungspositionen werden zumeist nach folgenden Kriterien besetzt:
- Ausbildung
- Berufserfahrung
- Länge der Betriebszugehörigkeit
- Möglichst lückenlose Erwerbstätigkeit
- Vollzeitbeschäftigung
- Hohe Opferbereitschaft
Die Hälfte der genannten Kriterien (Punkte 3-6) spielen dabei nach diesen sogenannten männlichen Spielregeln, wodurch viele Frauen von Vornherein aus dem Bewerbungsprozess ausgeschlossen werden.
3. Das Idealbild einer Führungskraft ist stark mit Stereotypen verbunden
Durchsetzungskraft, Dominanz, Eigeninitiative – diese Eigenschaften vermitteln Führungskompetenz und werden vor allem Männern zugeschrieben. Frauen dagegen werden charakterliche Eigenschaften wie weich, rücksichtsvoll, emotional und teamorientiert zugeschrieben. Diese zählen wiederum nicht zu den oben genannten „Führungseigenschaften“ weshalb Frauen Führungspositionen oft nicht zugetraut werden.
4. Homosoziale Rekrutierung
Das Phänomen der homosozialen Rekrutierung besagt, dass bei der Besetzung von offenen Stellen eher Personen eingestellt werden, die aus einem „sozial ähnlichen“ Kontext kommen. Dadurch sorgen die vielen männlichen Führungskräfte dafür, dass auch ihre Nachfolger:innen tendenziell männlich sind.
In Austria, we have more board members named Peter, than the total number of women represented on boards.
5. Fehlende weibliche Vorbilder
Vorbilder inspirieren, motivieren und unterstützen. Durch das Fehlen von Frauen in den höchsten Hierarchieebenen, fehlt weiblichen Beschäftigten oft diese Inspiration, die sie ermutigt, trotz Hindernissen den Weg nach oben zu wagen.
6. Vorurteile gegenüber Frauen
„Frauen fehlt im Business die Härte“, „Frauen setzen zu sehr auf Konsens“, „Frauen sind zu weiblich – oder zu männlich“. Vorurteile hinsichtlich weiblicher Führungskräfte halten sich hartnäckig in den Köpfen der Menschen.
7. Schwächen in der Selbstvermarktung
Studien zufolge kommunizieren Frauen rund 20-mal häufiger ihre Unzulänglichkeiten und Schwächen als ihre Stärken und Erfolge. Welches Selbst- und Fremdbild sie damit prägen, ist also leicht zu erkennen.
Ranking: Warum gibt es Ihrer Meinung nach in Österreich so wenig Frauen in Führungspositionen? Das sagen die Teilnehmer:innen unserer Umfrage.
Coronapandemie wirft uns 3 Jahrzehnte zurück
Wissenschaftler:innen sind sich einig: Die Corona-Krise hat Frauen und Männer in überholte Rollenmuster zurückgeworfen. Klaudia Frieben, Vorsitzende des Österreichischen Frauenrings bestätigt: „Der Lockdown hat Frauen nicht nur in ihre häuslichen Rollen zurückgedrängt, sondern schmälert bereits jetzt ihr Einkommen.“ Da Kinder monatelang nicht in den Kindergarten oder in die Schule gehen konnten, ergab sich für viele Eltern ein Betreuungsproblem, aufgrund dessen sich eher die Frauen beim Homeschooling engagierten und ihre Erwerbstätigkeit gleichzeitig miterledigt haben.
Eine BCG-Studie in Deutschland bestätigt, dass deutsche Eltern 15 Stunden (das Äquivalent von zwei Arbeitstagen) für Hausarbeit, Kinderbetreuung und Homeschooling aufgebracht haben. Allerdings nicht zu gleichen Teilen, denn Frauen haben dreimal so häufig wie Männer die Alleinverantwortung für die Kinderbetreuung übernommen. Im Hinblick auf Gleichstellung und Karrierechancen wird sogar ein Verlust von drei Jahrzehnten befürchtet.
Warum unsere Unternehmen mehr Frauen in Führungspositionen brauchen
Treffen Frauen im Management tatsächlich bessere Entscheidungen? Ja, tun sie.
Tatsächlich gibt es inzwischen einige Studien die belegen: Frauen führen nicht nur anders – sie verändern zugleich die Unternehmenskultur und den Unternehmenserfolg.
Im Zuge einer Studie der McMaster University in Kanada wurden rund 600 Top-Manager:innen in ihrem Führungsverhalten beobachtet und befragt. Die männlichen Probanden trafen ihre Entscheidungen nach festen Regeln und traditionellen Abläufen, wie etwa per Meeting, Paper, Diskussionen und am Ende auch häufig ganz allein.
Die Managerinnen hingegen pflegten eine kollaborative und kooperative Arbeitsweise. Bei ihren Entscheidungen versuchten sie die unterschiedlichen Interessen der Stakeholder zu berücksichtigen und schließlich eine faire und ethische Einigung zu finden.
Wir wissen schon seit einiger Zeit, dass Unternehmen, die mehr Frauen in ihren Management-Boards haben, bessere Ergebnisse erzielen. Unsere Studien zeigen nun, dass mehr Frauen im Vorstand nicht nur eine richtige, sondern auch die wirtschaftlich intelligente Entscheidung ist. Unternehmen mit wenigen Frauen im Management schaden de facto ihren Aktionären.
Auch weitere Studien können dies bestätigen:
- Ein hoher Frauenanteil im Management führt zu einem um 66 % höheren ROI (Return on Investment) und einer 42 % höheren Umsatzrendite. (Joy, 2007)
- Nur eine Frau im Top-Management reicht aus, um das Risiko einer Insolvenz um 20 % zu senken. (Wilson, 2009)
- Im Entscheidungsfindungsprozess stellen Managerinnen mehr Fragen, statt die Entscheidungen allein zu treffen. (Konrad, 2008)
- Frauen im Management reduzieren die typischen Machtspiele in der Führungsetage. (Singh, 2008)
Welche Maßnahmen können Unternehmen ergreifen, um einen höheren Frauenanteil in Führungspositionen zu erreichen?
Um Frauen den Aufstieg ins Topmanagement besser zu ermöglichen, müssen die Rahmenbedingungen stimmen, was meist einen Wandel der Unternehmenskultur voraussetzt.
Neben Offenheit, dem Durchbrechen alter Strukturen und dem Mut, Leadership neu zu denken, gibt es ganz konkrete Maßnahmen, die umgesetzt werden können:
Flexibilisierung – Co-CEO/Shared Job Konzept: Bei einem Co-CEO-Modell bzw. Jobsharing-Konzept teilen sich zwei Personen eine Position im Unternehmen. Hier sollten Menschen zusammenarbeiten, die sich gut ergänzen und deren Arbeitsweise zueinander passt.
Entwicklung eines eigenen Karenzmanagements: Halten Sie karenzierte Mitarbeiter:innen auf dem Laufenden oder bieten Sie ihnen die Möglichkeit einer geringfügigen Beschäftigung während der Karenz. So verläuft der Wiedereinstieg ins Berufsleben nach der Karenz beinahe fließend.
Betriebskindergarten: Immer mehr Unternehmen (so auch der Autobauer Porsche) möchten für ihre Mitarbeiter:innen attraktiv bleiben, indem sie einen Betriebskindergarten für die Kinderbetreuung einrichten.
Führungspositionen in Teilzeit: Wer gut führen kann, kann dies auch in Teilzeit. Mit der Fähigkeit zu delegieren, guter Kommunikation, Organisationstalent und Vertrauen zwischen Mitarbeiter:innen und Führungskraft ist auch eine Führungsposition in Teilzeit möglich.
Flexible Arbeitszeiten & Home-Office: Durch die eigene Entscheidung, wann und wo die Arbeit geleistet wird, lassen sich Job und Privatleben leichter in Einklang bringen.
epunkt – nicht „nur“ Vorbild im Recruiting, sondern auch in Sachen Diversity
Einen Betriebskindergarten gibt es bei epunkt zwar nicht, aber es gibt ein eigenes Karenzmanagement, Führen in Teilzeit sowie flexible Arbeitszeiten und Home-Office-Möglichkeiten.
„Da wir bei epunkt einen hohen Frauenanteil (Anm. d. Red.: 162 Frauen bei 232 Mitarbeiter:innen, das sind 69,82 %) haben, ist es natürlich sehr wünschenswert, dass sich das auch in der Führungsebene widerspiegelt. Denn Frauen in Führungsrollen sind auch Vorbilder für andere Frauen“, Andrea Bertl, Managing Director für die Bereiche Sourcing & Recruiting.
Von der Teamleitung bis hin zur Geschäftsführung, Frauen in Führungspositionen sind bei epunkt in allen Führungsebenen vertreten und stellen einen Anteil von mehr als 50 % dar. Wir sind der Meinung – so soll es sein, so kann es bleiben. 😊
Um auch anderen Frauen Mut zu machen, den Schritt zur Führungsverantwortung zu wagen, haben wir 2 unserer weiblichen Führungskräfte bezüglich ihrer Erfahrungen und Ratschläge befragt:
Andrea Bertl, Managing Director
Es war nicht schon immer mein Ziel, eine Führungsposition auszuüben, allerdings hat es sich in meiner beruflichen Laufbahn dann doch relativ schnell herauskristallisiert, dass es für mich erstrebenswert ist. Durchaus geprägt haben mich einige negative Erfahrungen, die ich als Mitarbeiterin in jungen Jahren gesammelt habe, wodurch der Wunsch entstanden ist, selbst eine Führungsposition zu übernehmen und es besser machen zu wollen.
Als Führungskraft ist es schön zu sehen, wie sich sowohl die Mitarbeiter:innen als auch das Unternehmen mit meinem Zutun weiterentwickeln. Es gibt viele Studien, die belegen, dass sich Frauen in einer Führungsrolle positiv auf die Mitarbeiter:innenmotivation und das Arbeitsklima auswirken, was meiner Meinung nach bei epunkt sehr gut zu erkennen ist.
Welchen Rat ich für Frauen habe, die es sich zum Ziel machen, Führungsverantwortung zu übernehmen? Ich denke, es ist wichtig, sich bewusst zu machen, wo die eigenen Stärken und Interessen liegen. Frauen sind überwiegend eher vorsichtiger und trauen sich vielleicht auch weniger zu. Ich kann nur jeder Frau den Rat geben, mutig zu sein und sich eine Führungsposition zuzutrauen und entschlossen ihren Weg zu gehen. Do it, baby. 😉